Was ist eigentlich ein Trauma?
Diese Frage höre ich häufig. Oft herrscht der Gedanke vor, dass ein Trauma von einer bestimmten Situation abhängt. Dem ist aber gar nicht so, denn wie ein belastendes Ereignis verarbeitet wird, ist höchst individuell.
Was für den einen traumatisierend ist, kann für den anderen nur eine Herausforderung sein!
Ein Trauma entsteht dann, wenn das Nervensystem als Reaktion auf ein Ereignis nicht in der Lage ist, dass Erlebte adäquat zu verarbeiten und überwältigt wird. Als Folge auf diese fehlende Bewältigung fühlen wir uns dann hilflos, schutzlos und in unserem Selbstbild erschüttert.
In einer potenziell traumatisierenden Situation greift unser Nervensystem auf sehr alte Überlebensstrategien zurück. Wenn der Stresslevel sehr hoch ist, wird der sogenannte Sympathische Anteil unseres Nervensystems aktiviert und uns stehen als Reaktion darauf entweder Unterwerfung, Zuflucht, Kampf- oder Flucht zur Verfügung.
In einer gefährlichen Situation versuchen wir also zunächst der Gefahr zu entkommen, in dem wir uns unterwerfen oder Zuflucht bei einer sicher erscheinenden Person finden. Gelingt dies nicht, steht uns als nächster Schritt Kampf oder Flucht zur Verfügung. Falls auch diese Strategien nicht möglich sind und der Stresslevel noch höher wird, erstarren wir. Dies wir häufig als Freeze- Zustand betitelt.
Wenn wir im Freeze Zustand sind, werden wir bewegungs- und handlungsunfähig!
In einer hoch stresshaften Situation, mobilisiert der Körper ganz viel Energie, denn es geht ja darum das Überleben zu sichern. Diese Stressenergie bleibt im Körper, da das Nervensystem bei einem Trauma nicht in der Lage ist das Erlebte adäquat einzusortieren und so keine Verarbeitung und Integration stattfindet. Für unser Nervensystem dauert die belastende Situation als noch an und wird nicht als beendet abgespeichert. Dies kann zu vielfältigen psychischen und körperlichen Symptomen führen.
Es gibt unterschiedliche Arten von Trauma: Schocktrauma (zu der auch das Geburtstrauma gehört), Entwicklungstrauma, Sekundärtrauma und transgenerationale Traumen.
Schocktrauma
Ein Schocktrauma zeichnet sich dadurch aus, dass es um ein konkretes Ereignis mit einem Anfang und Ende geht. Hierzu gehören u.a. Unfälle, Naturkatastrophen, der Verlust eines Menschen, oder eben auch, unter bestimmten Umständen, eine Geburt.
Entwicklungstrauma
Entwicklungstraumen sind nicht an ein konkretes Ereignis gekoppelt, sondern entstehen durch immer wiederkehrende oder langanhaltende Überwältigungen des Nervensystems.
Wen die Kindheit eines Menschen durch Vernachlässigung, Übergriffe oder abwesende Bezugspersonen geprägt wird, ist die gesunde Entwicklung gestört oder sogar nicht möglich. Eine mögliche Konsequenz sind Bindungsstörungen und wichtige neurologische Verschaltungen können nur mangelhaft stattfinden. Dies hat Folgen für die körperliche und die seelische Gesundheit, sowie die Resilienz eines Menschen. Wenn jetzt noch ein Schocktrauma dazu kommt, verfügt ein Mensch mit Entwicklungstrauma über deutlich weniger Bewältigungsstrategien als ein Mensch, der mit einer sicheren Bindung heranwachsen konnte.
Sekundärtrauma
Von Sekundärtraumatisierung sprechen wir, wenn wir Trauma Symptome entwickeln, weil wir Zeuge von einem hoch stresshaften Ereignis geworden sind. Dies ist häufiger bei Sanitätern, Fluchthelfern oder Helfern bei Katastrophen der Fall. Aber auch ein werdender Vater kann durch unvorhergesehene Ereignisse unter der Geburt seines Kindes traumatisiert werden oder Sie müssen möglicherweise als Eltern bei einem kranken Kind medizinische Interventionen aushalten.
Transgenerationale Traumen
Hierunter ist die epigenetische Auswirkung auf unser Nervensystem zu verstehen, durch das was unsere Vorfahren erlebt haben. Die Forschung hat herausgefunden, dass unverarbeitete seelische Traumata die Gene verändern können. Wir leiden dann unter Umständen an Symptomen, die eher zu der Lebensgeschichte unserer Großeltern passen. Auch Schwangerschafts- und Geburtstraumata können in der Familiengeschichte immer wieder vorkommen.
Wenn wir selbst traumatisierte Eltern haben und diese z. B. unter einer Angststörung leiden, können diese Ängste durch das Verhalten der Eltern übertragen werden und unseren Umgang mit Angst stark beeinflussen.
Mein Herzensthema ist die Schwangerschaft, Geburt und Kleinkindzeit.
Auch wenn der Anfang manchmal sehr holprig ist, bin ich zutiefst überzeugt, dass die Verarbeitung und Integration von belasteten Schwangerschafts- und Geburtserfahrungen ein gesundes Heranwachsen unserer Kinder möglich machen kann!